Geomanten – Magier im Einklang mit der Natur (21.03.2013)

Geomanten – Magier im Einklang mit der Natur

„Fürchtet die Dunkelheit, denn niemand weiß, was in ihren Schatten lauert. Der finst’re Schleier ist der Ursprung aller Angst.“

„Glaubet an die Dunkelheit, denn sie ist nichts als ein kurzer Schlummer, ihr melancholisches Seufzen ein seidiger Hauch.“

„Höret die Stimmen der Natur mit euren Herzen. Denn sie werden euch den Weg durch die Dunkelheit weisen.“

Aus: Grundlagen der Geomantie, Kapitel III – Über die Dunkelheit (Eine freundliche Leihgabe der Celennia-Gedächtnisbibliothek)

Tief durchs Erdreich verlaufen die Drachenadern, ein Geflecht aus Energiebahnen, das ganz Vana’diel durchzieht. Und genau diese natürliche Ressource ist es, die Geomanten sich zunutze machen. Im Bund mit der Natur, deren Kräfte sie immer nur in Maßen beanspruchen, kanalisieren Geomanten die Energie aus den Drachenadern mithilfe ihrer Luopane und entfesseln mächtige Zauber, mit denen sie den zahllosen Gefahren der ulbukischen Wildnis trotzen. Wo Geomanten kämpfen, ist immer auch das Läuten ihrer Handglocken zu vernehmen. Denn diese sind es, die ihren Zaubern zu vollem Potenzial verhelfen. So haben die Geomanten als einflussreiche Magier die Geschichte Ulbukas entscheidend mitgeprägt und dem Schicksal immer wieder ein Schnippchen geschlagen.

Das Wunder der Sih Renaye

„Ihre Kinder waren gerettet, doch Sih Renaye hatte einen hohen Preis gezahlt: ihr Leben. Die niederträchtigen Bestien aber, ihre Mörder, brachen den geleisteten Schwur und stürmten auf die Siedlung zu, Mordlust in ihren Augen. Allein Sihs Vermächtnis, ein letzter magischer Wall, war es, der den tosenden Heeren trotzte und so vermochte sie, ihren Schutzbefohlenen selbst noch im Tode Beistand zu gewähren.

Die Siedlung also ward vor dem Schlimmsten bewahrt, doch Sihs Tod war ein schmerzlicher Verlust. Und auch ihre fünf Schüler, jene furchtlosen und rechtschaffenen Seelen, waren wie vom Erdboden verschluckt. Niemand sah sie mehr seit jenem schicksalhaften Tage ...“

Auszug aus „Sih Renaye und ihre fünf Schüler“, Autor unbekannt


Es trug sich zu vor langer Zeit. In einer Zeit, in der es nichts als Bäume und weite Steppe gab. In einer Zeit, als die Beastmen „Velkk“ über Ost-Ulbuka herrschten und die Bewohner in Furcht und Schrecken versetzten. Die Sonne, die über der Senroh-See im Osten aufging, schien erbarmungslos auf ihre im Walde verwesenden Körper nieder. Bis zu jenem Tag, als die wandernde Magierin Sih Renaye nach Adoulin kam. Am Ende ihrer Pilgerreise zu den ergonischen Stätten, so wird es überliefert, fand sie auf dem heiligen Berg Kamihr einen Weg, die Kräfte der Natur zu kanalisieren und in Form von magischen Zaubern zu manifestieren. Und die Leute erzitterten vor der unbändigen Macht Sih Renayes. Wie aus dem Nichts ließ sie Feuer regnen, die Erde sich spalten, Wasser hervorsprudeln und den Wind tanzen. Die Gewalten der Natur, die Sih mit wenigen Handbewegungen zu entfachen wusste, hielten die bösartigen Velkk in Schach.

Selbst die mächtigen Angriffe des Häuptlings der Velkk, Skov-Trok, prallten wirkungslos von den Barrieren ab, die Sih und ihre fünf Schüler heraufbeschwörten. Diejenigen aber, die sich innerhalb der schützenden Sphäre befanden, wurden von ihren Wunden geheilt und erfüllt von einem Mut, den zu besitzen sie nicht im Traume zu glauben gewagt hätten. Die Gabe, die Kräfte der Natur zu nutzen, wurde alsdann von Generation zu Generation weitergereicht und bald unter dem Namen Geomantie im ganzen Land bekannt.

Der Pilgergang zu den ergonischen Stätten

„Jedes Leben, das im Walde erlischt, wird vom Sang der Mutter Erde in ewigen Schlaf gelullt. Die Bitte um Barmherzigkeit erhört, wird es Teil des Stroms, den wir Drachenadern nennen und kehrt zurück zu seinem Ursprung. Möge dies den armen Seelen Adoulins Frieden bringen, die so viel Leid erfahren haben.“

Auszug aus dem Drama „Die Sirenen-Legende“


Ergonische Stätten sind Orte, an denen die Energie aus den Drachenadern an die Erdoberfläche tritt. Es gehört zum Initiationsritus eines jeden Geomanten, zu diesen Stellen zu pilgern und sich von ihrer Kraft durchtränken zu lassen. Er tut dies im Einklang mit der Natur, ohne von ihr Besitz ergreifen zu wollen, indem er ihrer Stimme lauscht und sich von ihr leiten lässt. So will es das Wesen der Geomantie.

Anfangs waren Geomanten darauf beschränkt, Zauber nur in ihrem direkten Umfeld zu wirken. Doch bald gelang es ihnen, mit ihrem Luopan als magischem Katalysator Zauber auch unabhängig von ihrer eigenen Position an festgelegten Orten zu entfesseln. Erst in jüngster Zeit vollbrachten es Geomanten, mithilfe von Astrallack Luopane so zu präparieren, dass man sie verschwinden und wiedererscheinen lassen kann. Selbst nach all den Jahrhunderten steckt die geomantische Forschung noch in den Kinderschuhen. Was die Zukunft noch bringen mag, vermögen selbst die belesensten Vertreter der Geomantie nicht zu sagen.

Nur wer vermag, sich von der weltlichen Logik zu lösen und das Glockenklingen tief in sich zu vernehmen und mit den ergonischen Schwingungen der unendlich weiten Natur in Einklang zu bringen, ist befähigt, mit den Elementen zu verschmelzen und zu einem Geomanten zu werden.

Illustration: Mitsuhiro Arita