Alles oder nichts
„Jeder, der das Schiff verlassen will, möge seinem Willen folgen.
Weder Ehre noch Ruhm wird uns dieser Kampf bescheren.
Doch wohin uns auch die Wogen tragen mögen,
die Fahrt wird nicht enden, bis uns alles gehört, oder nichts.
Aber ich bin fest in meinem Glauben:
Auch wenn wir nun keinem König mehr dienen können,
dir gebührt die Ehre deiner Kameraden.
Und mögest du in den Tiefen des Meeres versinken,
deine Kameraden werden deinen Ruhm bis ans Ende
der Tage verkünden.“
[Aus der Rede Luzafs, dem Corsair]
„Corsairs“ sind die Nachfahren jener waghalsigen Piraten, die einst die Gewässer in den östlichen Gebieten unsicher machten. Mit einem auffälligen Piratenhut, einem schicken Frack um die Schultern gewanden und das sonderbare sechsläufige Kurzgewehr „Hexagun“ in der Hand werden die Corsairs von den imperialen Behörden als gefährliche Revoluzzer angesehen und gejagt. Beim gemeinen Volk hingegen gelten sie als tapfere Helden und werden mit Begeisterung bejubelt. Welche tragödische Historie verbirgt sich dahinter? Welches Geheimnis steckt hinter ihren leichtherzigen Spielen?
Auf Leben und Tod
„Sie nannten es Black Coffin – den schwarzen Sarg.
Jeder, der zur See fährt weiss, dass die Größe der Flotte über den Ausgang einer Schlacht entscheidet. Ebenso dachten wir, dass nichts und niemand unseren modernen Waffen widerstehen würde. Doch ein einziges Schiff genügte, um die imperiale Flottentaktik von Grund auf zu widerlegen und unsere vermeintlich unbesiegbare Armada komplett auf den Meeresgrund zu versenken. Dieses Schiff wurde seinem furchtbaren Namen gerecht – es wurde zu unserem Sarg.“
[Aus den Memoiren eines Überlebenden der Seeschlacht von Arrapago]
Vor circa 200 Jahren befand sich das östliche Königreich Ephramad auf der Höhe seiner Blüte. Dieses Reich, das durch Schiffahrt zu Reichtum gekommen war, ringte stets mit den Nachbarstaaten, vor allem Aht Urhgan, um die Vorherrschaft auf den Gewässern. Schließlich verbündete sich das aht urhganische Imperium mit den Stämmen Mamool Jas und marschierte in das Königreich ein. In nur 8 Tagen lag die königliche Hauptstadt in Schutt und Asche. Der junge Kronprinz Luzaf erfuhr vom Schicksal seines Heimatlandes, als er sich gerade auf dem Heimweg von einer Studienreise in Bastok befand. Er wechselte sofort den Kurs seiner Flotte und ließ die Arrapago-Inseln ansteuern, auf denen er ein provisorisches Kabinett einrichtete. Fortan dirigierte er mit seinen verbliebenen Schiffen einen Guerillakrieg gegen das verhasste Imperium. Dies war die Geburtsstunde der „Corsairs“ (Freibeuter). Luzaf leiß sein prunkvolles Passagierschiff „Ebony Queen“ in ein Kriegsschiff umbauen und taufte es „Black Coffin“. Man sagt, das Luzaf selbst als Kapitän dieses Schiffes die Schlachten angeführt hat.
Gegen die Corsairs, die wie aus dem nichts plötzlich auftauchten und im Nebel des Meeres wieder verschwanden, hatte das Imperium kaum etwas entgegenzusetzen. Es kam so weit, dass die imperiale Marine nahezu die gesamte Vorherrschaft auf den Meeren verloren. Doch als der geheime Heimathafen der Corsairs entdeckt wurde, wendete sich das Blatt. In einem taktischen Geniestreich gelang es dem Imperium, die Corsair-Flotte in den Hafenanlagen zu binden und komplett auszuschalten. Die Black Coffin, die sich zu dem Zeitpunkt als einziges Schiff auf offener See befand, wurde von der Übermacht der imperialen Flotte eingekesselt. Nach einer verzweifelten letzten Schlacht, so wird berichtet, ging sie zusammen mit Luzaf im Dunkel der Meeresstrudeln unter.
Viele der überlebenden Corsairs wollten jedoch der Nachricht über den Tod ihres Anführers keinen Glauben schenken und leisteten weiterhin in kleinen Gruppen Widerstand gegen die Besatzer – ein Kampf, der auch heute noch von den Nachkommen dieser stolzen Kämpfer weitergeführt wird.
Trupf oder Niete?
„Spiele und Schlachten haben vieles gemein.
In Beiden musst du erahnen was der Gegner denkt, deine Strategie muss sitzen und über den Rest entscheidet allein die Glücksfee oder der Sensemann. Vielleicht gibt’s einen Unterschied. Auf dem Schlachtfeld setzst du dein eigenes Leben aufs Spiel. Da darfste keine Niete ziehen...“
[Die letzten Worte des Corsairs, Ironclaw Safharg, vor seiner Hinrichtung (792-837)]
Das Spielen spielt eine große Rolle bei den Corsairs – sei es, um sich die Zeit auf Deck zu vertreiben, sei es, um sich den Lebensunterhalt zu verdienen oder gar Streiteigkeiten gewaltlos beizulegen. Spielen gehört mit zum Alltag eines Corsairs. So ist es nicht verwunderlich, wenn sich mit der Zeit Kampftechniken und Taktiken, die auf Spielen basieren, eintwickelt haben wie z.B. das „Phantom Roll“ (Ein Würfelspiel, das das Schicksal der Freunde bestimmt) oder „Quick Draw“ (Leitet sich von den Pistolenduellen ab und wird in Kombination mit Elementkarten angewendet). Vielleicht ist es nur natürlich, dass Corsairs stets auf der Schwelle zwischen Leben und Tod stehen, ob ihres Schicksals das seit je her ihre Lebensweise bestimmte.
Ein eiserner Wille und das angeborene Glück, um auch das größte Risiko aufnehmen zu können – dies sind die notwendigen Voraussetzungen die Sie mitbringen müssen, wenn Sie Ihr eigenes Leben für eine feste Überzeugung aufs Spiel setzen wollen, so wie es ein Corsair tut.
Illustration by Mitsuhiro Arita