Mystische Wegpunkte – leicht erklärt für jedermann (28.12.2012)

Ich bin’s. Zurko-Bazurko. Auf mich hast du doch gewartet, hab ich Rechtaru?

Wie wahnsinnig praktisch die Wegpunkte sind, hast du sicher schon von alleine rausgefunden-wunden, was?
Jetzt lass mich mal erklären, welche Geheimnisse dahinterstecken, damit ich nicht immer die gleichen Fragen beantworten muss-Stuss.

Die Geschichte beginnt auf einem Schiff mit Kurs auf den Kontinent Quon. Ich stand am Bug und hatte gerade einen neuen Runen-Zauber auf das Schiff-Riff gelegt, als Meister Anastase einen Vortrag über die Wegpunkte und ihre Energien hielt. Sein Wissen sollte sich schon bald als äußerst nützlich erweisen.

Also halt dich nicht zurück und lies selbst.

Anm. d. Red.: Zurko-Bazurkos Äußerungen sind im Originalton wesentlich ungehobelter. Sie wurden für die Veröffentlichung an dieser Stelle angemessen geändert.

„Hey, Meisterrr! Noch ‘nen Keks bitte! Bitte, bitte“, schnurrte die Mithra Quwi Orihbhe und schaute den Elvaan vor sich mit funkelnden Katzenaugen an.

„Aber Ihr hattet doch gerade erst einen! Wenn Ihr weiterhin so viel Süßigkeiten zu Euch nehmt, dann bekommt Ihr noch ganz schlechte Zäh... Jetzt schaut mich doch nicht so traurig an! Ihr ...! Ach, was soll’s ...“

Der als Meister titulierte Elvaan hieß eigentlich Anastase und war der Anführer einer Adouliner Forschergruppe, zu der auch Quwi Orihbhe gehörte. Normalerweise rühmte er sich damit, seine Untergebenen immer fest im Griff zu haben, doch alles, was er jetzt im Griff hatte, war der knusprigen Dschungelkeks, den er aus einer Tasche an seinem Gürtel hervorholte. Die Mithra ließ sich nicht lange bitten und riss ihm den Leckerbissen in null Komma nichts aus der Hand .

„Besten Dank, Meisterrr! Ich wusste, dass du mir nicht widerstehen kannst!“

Quwi Orihbhe verschlang den köstlich duftenden Keks mit einem Happs. Der Runenfechter-Azubi Zurko-Bazurko neben ihr hatte dafür nur ein abfälliges Grinsen übrig.


„Du bist und bleibstaru ‘ne verwöhnte Naschkatze, Quwi! Pech für dich, dass du nicht mal annähernd so süß bist wie das ganze Zeug, das du immer runterschlingst-wringst.“

Na, eine lustige Seefahrt hatte ich mir irgendwie anders vorgestellt, dachte Anastase leicht resigniert, während er seinen Blick über die unendlich scheinende See von Zafmlug streifen ließ. Seine Forschergruppe befand sich auf einem Schiff, das von Ulbuka aus in See gestochen war und östlich auf den Quon-Kontinent zuhielt. Die Gewässer um ihren Heimatkontinent waren tückisch und die Route war mit großem Bedacht gewählt worden. Schlussendlich hatte dies einige Umwege bedeutet, doch was tat man nicht alles für die Sicherheit seiner Leute. Mittlerweile waren sie allerdings geschlagene sieben Tage unterwegs und langsam lagen die Nerven der Mannschaft blank.

Auch den einen oder anderen Magen hatte es schwer mitgenommen. Insbesondere Wistful Bison war ein torkelndes Häuflein Elend. Die Hände auf seinen Bauch gepresst, schwankte der junge Galka über das Deck und stöhnte in einer Tour auf.

„Boah, is mir schlecht. <Örks> Und daran ist einzig Chero-Machero mit seinen dummen Schnapsideen schuld! Erst handeln, dann denken. So war das schon immer bei diesem dämlichen Tarutaru!

„Diese Fähigkeit zu, äh, instinktiösen Entscheidungen ist es wahrscheinlich, die ihn als Handelsminister so erfolgreich macht! Findet ihr nicht, hihihi? Na ja, leid tust du mir trotzdem, Bison ...“

Die Hume Jillia, die von der Zunft der Kundschafter auf die Expedition geschickt worden war, strich dem Galka mitleidig über den Rücken.

„Wir sind unterwegs zum Mittleren Kontinent, um dieses Ding hier zu erproben. Hab ich Recht, Meister-Kleister Anastase?“

Zurko-Bazurko zeigte durch eine offene Luke in den Laderaum, der eine golden schimmernde, metallische Apparatur beherbergte.


„Ganz genau, mein Lieber! In der Sprache des Mittleren Kontinents heißt diese Gerätschaft übrigens Wegpunkt. Schreibt Euch das lieber hinter die Ohren, falls Euch ein unwissender Abenteurer mal danach fragen sollte. Und was die geomagnetischen Quellen betrifft, die den Wegpunkten die Zielkoordinaten für Raumsprünge liefern: ich habe Quwi Orihbhe bereits damit beauftragt, Prognosen über die möglichen Standorte geomagnetischer Quellen auf dem Mittleren Kontinent zu erstellen.“

„So isses! Kann zwar mit Sicherheit nur sagen, dass ich mir nicht so ganz sicherrr bin, aber irrrgendwie wird’s schon werden!“

Quwi Orihbhes Stimme überschlug sich fast vor Energie. Neben ihr zog Zurko-Bazurko eine weit weniger begeisterte Schnute und stieß einen tiefen Seufzer aus.

„Wenn ich dieser Mission zu einem Erfolg verhelfe, wird Lady Amchuchu endlich erkennen, was für ein großartiger Runenfechter ich bin! Ich darf und werde nicht scheitern-leitern, das gelobe ich bei meinen Runen.“

„Lady Amchuchu? Meinst du damit die Zunftmeisterin der Erfinder?“, warf Jillia ein, doch Zurko-Bazurko plauderte weiter, als hätte er die Frage gar nicht gehört. Bei seinem verträumten Blick nahm man ihm das auch direkt ab.

„Lady Amchuchu hat in letzter Zeit-Neid nur noch Augen und Ohren für diesen Wissenschaftler aus Quon. Ich frage mich, was sie an diesem langweiligen, technischen Gefasel so toll-voll findet. Wo die Geschichten über meine Heldentaten doch viel cooler und spannender sind!“

„Na, das nenn ich mal ´ne ordentliche Portion Realitätsverrrlust! Du kannst es doch nicht mal mit ein paar mickrrrigen Chapuli aufnehmen.“

Das hatte gesessen. Quwi Orihbhe war dafür bekannt, mit ihren bissigen Kommentaren nie ihr Ziel zu verfehlen, und bei Zurko-Bazurko hatten sie einen besonders wunden Punkt getroffen. Schließlich ging es um Lady Amchuchu! Der Tarutaru lief bis über beide Ohrspitzen knallrot an und fast meinte man, kleine Dampfschwaden über seinem vor Wut kochenden Gesicht zu sehen.

„Hnnnngrraaaahr! Ich ... kann es kaum kontrolliiiiiieeeeren. Meine Runen ... sie glühen vor ... und jeden Moment ... hnnngggh!“

„Ja, ja, ist ja schon gut, mein Lieber. Jetzt beruhigt Euch erst mal. Seht Ihr, dahinten kann ich schon fast die Küstenlinie erkennen. Wir sind bald da!“
Anastase schien das Gezänk seiner Truppe gewohnt zu sein. Jedenfalls ließ er sich nicht den leisesten Hauch einer Irritation anmerken. Unbeirrt fuhr er fort.

„Warum nutzen wir die letzten Stunden an Bord nicht, um uns genauer mit der Funktionsweise dieser technischen Meisterleitung auseinanderzusetzen! Ich kenne mich zwar auch nicht bis ins letzte Detail damit aus, aber für den Anfang sollte mein bescheidenes Wissen reichen.“


Der hochgewachsenen Elvaan holte mit seinem linken und rechten Arm aus und reckte die Zeigefinger beider Hände bedeutsam in die Höhe, so als wollte er seine Zuhörer zu äußerster Konzentration ermahnen.
„Die Materie ist höchst kompliziert und es würde vermutlich Wochen dauern, euch Anfängern auch nur die elementarsten Dinge begreiflich zu machen, doch ich werde mein Bestes geben, den Sachverhalt möglichst einfach darzulegen. Beginnen wir mit den geomagnetischen Quellen, die ich gerade bereits erwähnt habe. Schon in geraumer Vorzeit entdeckten unsere Vorfahren, dass magnetische Erdstrahlung, die an geomagnetischen Quellen besonders stark ist, für Raumsprünge, - oder Teleportationen, wie man auf dem Mittleren Kontinent sagt - nutzbar gemacht werden kann. Dies markierte den Anbeginn der Wegpunkte-Technologie. Doch erst in jüngster Zeit ist es unseren Erfindern gelungen, kontrollierte Raumsprünge durchzuführen.“

„Oh, in geräumiger Vorzeit?! So lange gibt’s diese Technikologie schon? Damit hätte ich jetzt wirklich nicht gerechnet! Obwohl, ich kann ja sowieso nicht so gut rechnen, hat mein Mathelehrer immer gesagt, hihihi“, kicherte Jillia vor sich hin. Wer genau hinsah bemerkte, wie Anastase für einen Sekundenbruchteil mit den Augen rollte, bevor er seine Elvaan-hafte Fassung zurückgewann.

„Wenn man den alten Schriften glauben darf, dann wurden diese Apparaturen schon von unseren Ur-Ur-Urahnen in großen Schlachten eingesetzt, wo sie oft über Sieg und Niederlage entschieden haben. Doch seit der Abschließung der westlichen Lande gab es keinen Bedarf mehr für die Raumsprung-Technologie und sie geriet in Vergessenheit.“

„Was für eine Verrrschwendung! Dabei ist sie doch so was von prrraktisch!“, protestierte Quwi Orihbhe lautstark.

„In der Tat, meine Liebe. Doch mit dem Ende der Kolonisierung Ulbukas büßten die Wegpunkte ihren Nutzen ein. Es gab keinen Grund mehr, sich in die gefährlichen Regionen jenseits des Jorius-Walls hinauszuwagen und die benachbarten Inseln konnten problemlos auch so erreicht werden.“ Als er dies sagte, wirkte Anastese auf einmal sehr nachdenklich.

„Doch genug der geschichtlichen Exkurse. Wenden wir uns wieder der Funktionsweise der Apparatur zu... Die Feinheiten des Raumsprungs lehrte uns eine äußerst belesene Dame, die Adoulin vor einigen Jahrzehnten besuchte.“

„Jetzt echtaru? Das ist ja genau wie bei meinen Runen! Krass!“

Anastase nickte Zurko-Bazurko kurz zu, wobei er sich ein missbilligendes Stirnrunzeln ob der flapsigen Ausdrucksweise seines Schützlings nicht verkneifen konnte.
„In der Celennia-Gedächtnisbibliothek stieß man auf alte Schriften, die detailierte Erklärungen zu den magischen Apparaturen enthielten. Als man diese mit den Lehren der Besucherin vom Mittleren Kontinent kombinierte, erblickten schließlich die Wegpunkte, wie wir sie heute kennen, das Licht der Welt. Wir sind dieser Frau wahrhaft zu großem Dank verpflichtet für den unbezahlbaren Dienst, den sie uns erwiesen hat.“

„Jetzt spann uns doch nicht länger auf die Folter, Meister! Wer ist diese Frau denn nu...?!“

„Seht doch! Man kann Quon bereits ganz deutlich erkennen!“
Anastase fuhr Jillia einfach ins Wort, was ihm eigentlich gar nicht zu Gesicht stand, und zeigte zum Horizont. Dort zeichneten sich die Konturen des Kontinents mittlerweile klar ab.

„Hurrrrrra, endlich sind wir da!“

„Wurde aber auch Zeitaru! Noch länger, und ich hätte hier ganz sicher jemanden einen Kopf-Topf kürzer gemacht!“

„Juhuuu! Ein neues Land! Neue Fischgerichte! Ich bin total aus dem Mog-Häuschen!“

<Örks!>

Drei Jubelschreie halten über das weite, blaue Meer. Das elende Würgen von Wistful Bison schafte es gerade mal über die Reling und plumpste von dort schlaff ins Wasser. Nur Anastase blieb stumm. Mit zusammengekniffenen Augen blickte er über die im Sonnenlicht funkelnde Wasseroberfläche hinüber zu dem immer größer werdenden Hafen und schien in fernen Gedanken versunken.